Arbeitstagung „Haltungen, Gesten und Musik“ - Zur Professionalisierun der Praxis von Szenischer Interpretation von Musik und Theater am 18. und 19. November 2016 in Oldenburg.
zum Pressebericht über die Tagung
Freitag 18.11.2016 (im Internationalen Jugendprojekthaus Oldenburg, Schlieffenstr. 23)
13.00-14.00 |
Anmeldung |
14.00-14.05 |
Begrüßung (Oberhaus, Stroh) |
14.05-14.30 |
Was uns wichtig ist an der Szenischen Interpretation ("Hypothesen"- Download ) - ISIM-Team Brinkmann, Kosuch, Ostrop, Stroh |
14.30-14.45
14.45-15.10
15.10-15.30 |
Konstruktivismus
Wie ich zum "konstruktivistischen Ansatz" gekommen bin (Kosuch)
Konstruktivismus als Konzept? Zur Frage nach der Kompatibilität der Szenischen Interpretation von Musik und Theater mit einer konstruktivistisch orientierten Musikdidaktik (Benz)
Diskussion |
15.30-15.45 |
Pause |
15.45-16.20
16.20-16.55
16.55-17.25
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Empirie
Forschung zur Szenischer Interpretation. Methodologische Überlegungen und forschungspraktische Zugänge (Knigge, Niessen) - mit Diskussion
Ergebnisse der online-Befragung zur "Praxis der Szenischen Interpretation von Musik und Theater" (Knigge, Oberhaus, Stroh) - mit Diskussion
Empirie in der internationalen Vergleichsstudie zur Szenischen Interpretation (online-Ausgabe, S. 449-1073) - Reflexionen 15 Jahre danach (Kosuch) - mit Diskussion
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17.25-18.00 |
Imbiss |
18.00-19.00 |
Gemeinsamer AusKlang mit Teilnehmer/innen der Fachtagung "Musik im (Jugend-) Theater": Filmvorführung ("10 Mal Musik und Theater"), Aufführung des Ensembles BlueScreen mit Jochen Fried, Gespräche, Diskussionen. |
Samstag 18.11.2016 (im Kammermusiksaal der Universität)
9.30-10.00 |
"Scheller und die Musik" - Ein Rückblick auf das Szenische Spiel und die Szenische Interpretation (Ingo Scheller im Gespräch mit Wolfgang Martin Stroh) & "Szenische Interpretation als Forschungspraxis" - Mehr als Vermittlung? Thesen zur Evaluation (Scheller, Stroh) |
10.00-10.25
10 25-10.50
10.50-11.15
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Tanz, Geste, Leiblichkeit
Einmal Tanztheater und zurück. Zur Bedeutung des Körpers für die szenische Interpretation (Stange)
Zur Leiblichkeit imaginativer Wahrnehmungspraxis. Oder: Wie die Szenische Interpretation ästhetische Erfahrungsräume eröffnet (Rolle)
Diskussion |
11.15-11.30 |
Pause |
11.30-12.30 |
Berichte aus der Schule und von Autor/innen (Details werden auf der Tagung bekannt gegeben.) |
12.30-13.00 |
Versuch einer Systematisierung bisheriger Literatur zur Evaluation Szenischer Interpretation (Stroh) - vgl. dazu den Evaluationsbericht. |
anschließend |
Einteilung der Arbeitsgruppen und Mittagessen |
13.30-15.30 |
Arbeitsgruppen
1. Videografische Analysen (Oberhaus)
2. Forschungsdefizit "Genderfragen" (Siedenburg)
3 ff. Ausgewählte Arbeiten kritisch betrachtet - vgl. dazu den Tagungs-Reader |
15.30-16.45 |
Präsentation der Gruppenergebnisse - je Gruppe 15 min |
16.45-17.15 |
Abschluss |
Begründung, Themenschwerpunkt
„Es gibt in der Musikpädagogik wenige Konzeptionen, die sowohl theoretisch als auch praktisch so gut ausgearbeitet sind wie die Szenische Interpretation“, schrieb kürzlich Jens Knigge. Unter theoretisch wird wohl verstanden, dass die Praxis der Szenischen Interpretation explizit als „erfahrungsorientiertes“ oder „gemäßigt konstruktivistisches“ Konzept begründet ist und auf einem Katalog von Hypothesen beruht; unter praktisch verstanden wird
- entweder die (mutmaßlich) große Verbreitung der Szenischen Interpretation in der Unterrichtspraxis,
- oder einfach die Existenz eines umfangreichen „Methodenkatalogs“ als Praxishilfe,
- oder die Existenz vieler spontan umsetzbarer Unterrichtsmaterialien,
- oder die durchweg praxisbezogene Lehreraus- und fortbildungsaktivität von ISIM.
Warum sollte es - auch im Sinne experimenteller empirischer Forschung - nicht einfach ausreichend sein, wenn Praxis funktioniert? Ist das Funktionieren nicht, wie in jedem naturwissenschaftlichen Experiment, ein Beweis für die theoretischen Hypothesen?
Nein!
Das Problem ist erstens, dass Unterricht aus ganz unterschiedlichen Gründen funktionieren kann und es nicht ausgemacht ist, dass das Funktionieren eines Unterrichts, in dem szenisch interpretiert wird, durch das Konzept der Szenischen Interpretation hervorgerufen ist. Die Methoden der Szenischen Interpretation funktionieren bekanntlich auch gut im Dienste einer Event-Pädagogik. Ein noch größeres Problem ist zweitens, dass die theoretische Begründung der Szenischen Interpretation Hypothesen beinhaltet, die durch beobachtbare Vorgänge wie „das Funktionieren“ (wozu Spaß, eifrige Beteiligung, ungewöhnliche Kreativität der Schüler/innen usw.) nicht hinreichend überprüft werden können.
Ob anerkannte empirische Verfahren der Unterrichtsforschung wie die vergleichende Beobachtungen („Kontrollgruppen“ etc.) oder „Objektivierung“ von Beobachtungen (Videoauswertung etc.) oder Erfassung und Katalogisierung von Meinungen über Erlebnisse und Erfahrungen (Interview, Fragebogen etc.) überhaupt eines der beiden genannten Probleme lösen können, ist durchaus fraglich - zumindest diskussionswürdig.
Solange eine solche Diskussion noch nicht explizit stattgefunden hat, haftet der Szenischen Interpretation nach aktuellem Wissenschaftsverständnis etwas Unprofessionelles an. Mit HIlbert Meyer gehört sie in die Kategorie "Konzepte": "Unterrichtskonzepte liefern eine griffige Orientierung unterrichtspraktischen Handelns. .. Fragen der wissenschaftstheoretischen Einordnung und Kritik der Konzepte treten in den Hintergrund" (Jank/Meyer: Didaktische Modelle, Berlin 2002, S. 305). Denn unter „Professionalisierung der Praxis von Szenischer Interpretation“ verstehen wir
- erstens, dass das szenische Interpretieren explizit hypothesengeleitet ist, und
- zweitens, dass die Akteure (Lehrer/innen, Spielleiter/innen) sich dessen bewusst sind, und
- drittens, dass eine Überprüfung der Hypothesen grundsätzlich durch objektivierbare, die Praxis thematisierende Reflexionsprozesse („Forschung“) möglich ist und stattfindet.
In diesem Sinne ist „Evaluation“ ein notwendiger Teil von Professionalität.
Auf der Arbeitstagung, die am 18. und 19.November 2016 in Oldenburg stattfindet, werden sich Expert/innen (Wissenschaftler/innen, Theaterpädagog/innen und Lehrer/innen) diesem Problemkreis so annehmen, dass Defizite erkannt und Strategien zur Beseitung der Defizite diskutiert und bei Bedarf in die Wege geleitet werden.
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